Löse Dich vom Automatik-Modus. So gelingt es einfach.

längere Belichtungszeit

Du träumst davon, Dich endlich besser mit Deiner Kamera auszukennen? Du möchtest Dich vom Automatik-Modus Deiner Kamera trennen und endlich kreativ fotografieren? Alles, was Du dafür wissen musst, erfährst Du hier.
(Lesezeit: ca. 6:30 min.)

Der Automatikmodus der Kamera übernimmt für uns die Belichtung des Bildes. Dadurch nimmt er uns aber jeden kreativen Gestaltungsspielraum. Um diesen Spielraum zurück zu gewinnen, müssen wir uns zunächst mit einer der wichtigen Fragen in der Fotografie auseinander setzen:

Wie belichtet man eigentlich ein Bild?

Bei der Belichtung des Bildes kümmern wir uns darum, wie hell ein Bild insgesamt aufgenommen wird – und zwar das gesamte Bild und nicht nur einzelne Bildteile. Dafür sind wirklich nur 3 Parameter verantwortlich: die Blende, die Belichtungszeit und die ISO Empfindlichkeit.

Du stellst Deine Kamera also vom Automatik-Modus in den manuellen Aufnahmemodus (M) und machst ein erstes Testfoto. Dabei wirst Du feststellen, dass Dein Bild zunächst einmal wahrscheinlich insgesamt zu hell oder zu dunkel geraten ist. Hat sich der Automatik-Modus ja zuvor – mehr oder weniger gut – um die richtige Belichtung selbst gekümmert. Er hat die Einstellungen der 3 Parameter von alleine geregelt. Das mag Vorteile gehabt haben, hat Dich aber in jedem Fall in Deiner Kreativität eingeschränkt. Bevor wir uns mit den gestalterischen Möglichkeiten der drei Parameter auseinandersetzen, zeigen wir Dir, wie Du manuell ein Bild richtig belichtest.

Die folgende Grafik fasst sehr gut zusammen, wie sich die Einstellungen der 3 Parameter auf die Belichtung Deines Bildes auswirken – ob Dein Bild eben insgesamt heller oder dunkler wird.
Grafik_Zusammenhänge der Belichtung

Die Auswirkung der Blende auf die Belichtung

Wieviel Licht auf den Sensor der Kamera fällt, entscheidet die Blende. Sie ist eine Vorrichtung an Deinem Objektiv. Je weiter diese geöffnet ist, umso mehr Licht fällt auf den Sensor und umso heller wird Dein Bild. Je geschlossener die Blende, umso weniger Licht fällt in der selben Zeit auf den Sensor und umso dunkler wird das Bild.

In der obigen Grafik sind die Werte der sogenannten Blendenreihe gelistet. Jeder der einzelnen Schritte verdoppelt den vorigen Lichtwert, wenn man sich auf der Grafik nach rechts bewegt. Der Lichtwert wird halbiert, wenn man in die linke Richtung auf der Skala voranschreitet.

Eine offene Blende von z.B. f/2 lässt also doppelt soviel Licht auf den Sensor fallen, wie die Blende f/2,8. Dabei muss man wissen, dass kleine Zahlen (z.B. Blende f/1,4 oder f/2) für sehr offene Blenden stehen und große Werte (z.B. f/11 oder f/16) für geschlossene. Je kleiner die Zahl, umso mehr Licht dringt zu Deinem Kamera-Sensor vor. Das mag ein wenig umständlich klingen, merkt man sich aber schnell.

Nimm Deine Kamera zur Hand und finde heraus, wie Du die Blendenwerte verändern kannst.

Die Auswirkung der Belichtungszeit auf die Belichtung

Der zweite Belichtungsparameter ist die Belichtungszeit. Wenn Du auf den Auslöser drückst, öffnet sich der Verschluss Deiner Kamera. Je nachdem wie lange Du die Belichtungszeit (= Verschlusszeit) eingestellt hast, fällt mehr oder weniger Licht auf Deinen Kamerasensor und belichtet Dein Bild.

Und auch in der Reihe der Belichtungszeit-Werte in der Grafik, verdoppelt sich die Lichtmenge des vorigen Wertes, wenn man sich auf der Grafik nach rechts bewegt. Die Verschlusszeit von z.B. 1/250 sec. lässt demnach doppelt so viel Licht auf den Sensor fallen, als die kürzere Verschlusszeit von 1/500 sec. Da es sich um Bruchzahlen handelt, ist 1/500 sec. eben kürzer als 1/250 sec. 🙂

Entdecke nun auf bei Deiner Kamera, wo Du diesen zweiten Belichtungsparameter einstellen kannst.

Die Auswirkung der ISO-Empfindlichkeit auf die Belichtung

Der ISO Wert bestimmt die Lichtempfindlichkeit Deines Kamera-Sensors. Das einfallende Licht wird elektronisch verstärkt. Und dabei gilt: je höher der ISO-Wert, umso lichtempfindlicher ist der Sensor und umso heller wird dann Dein Bild. Eine Verdoppelung der ISO-Zahl (siehe Werte in der Grafik) sorgt für eine Verdoppelung der Bildhelligkeit. Der ISO-Wert entspricht übrigens dem ASA-Wert aus der analogen Film-Zeit.

Der Zusammenhang der 3 Belichtungsparameter

Also, versuchen wir, das wichtigste in einem Absatz zusammen zu fassen. Jeder der einzelnen Schritte nach rechts in der Grafik sorgt für eine Verdoppelung des Lichtwerts (Dein Bild wird heller). Jeder Schritt nach links halbiert den Wert und Dein Bild wird dunkler. Wichtig dabei ist auch zu wissen, dass jeder Schritt der Grafik gleich viel “Licht” wert ist. Verstellst Du z.B. die Blende um zwei Schritte Richtung rechts (zu “hell”), muss z.B. die Belichtungszeit (oder der ISO- Wert bzw. eine Kombination aus den beiden Parametern) um zwei Schritte Richtung links in der Grafik (nach “dunkel”) eingestellt werden, um ein gleich helles Bild zu erhalten.

Ein Bild mit den Werten: f/4, 1/500, ISO 100 und ein Bild mit: f/8, 1/125 und ISO 100 sind dabei gleich hell belichtet. Ebenso gleich hell ist ein Bild mit den Einstellungen f8, 1/250, ISO 200. Dies gilt natürlich nur, wenn sich das Umgebungslicht währenddessen nicht verändert hat. Wenn Du also diese 3 Parameter einstellen kannst, bist Du schon einen großen Schritt weiter. Deiner Kreativität sind plötzlich keine Grenzen mehr gesetzt. Denn die Blende, die Belichtungszeit und der ISO-Wert steuern neben der Belichtung auch noch weitere Dinge.

–> TIPP: Manuell die richtige Belichtung zu finden, ist gar nicht immer so einfach. In unserem Artikel „So findest Du die richtige Belichtung“ findest Du einige Anregungen und Tools, die Dir helfen, die richtige, manuelle Belichtung Deines Bildes herauszufinden.

Nachdem Du nun schon weißt, wie Du mithilfe der 3 Parameter das Bild richtig belichten kannst, kümmern wir uns nun um die zweite technische Frage der Fotografie:

Was ist im Bild scharf oder unscharf?

Und nun kannst Du im manuellen Aufnahmemodus endlich damit starten, kreativ zu fotografieren.

Wie wirkt die Einstellung der Blende auf die Bildgestaltung

Durch die bewusste Einstellung des Blendenwertes erhöht sich Dein kreativer Spielraum enorm. Die Blende regelt neben der Gesamtbelichtung nämlich auch die Größe des Schärfebereichs Deines Bildes. Wenn Du mit Deiner Kamera fokussierst, stellst Du auf einen Punkt in einer gewissen Entfernung von der Kamera scharf. Wie groß die “Schärfenausdehnung” vor und nach dem anfokussierten Punkt ist, entscheidet die sogenannte Schärfentiefe – manchmal auch Tiefenschärfe genannt. Du kannst das u.a. mit der Einstellung der Blende regeln.

Je weiter Du die Blende Deines Objektivs öffnest (z.B. f/1,4), umso geringer ist die Schärfentiefe. Das bedeutet, dass der Hintergrund und auch der Vordergrund wunderschön “verschwimmen”. Damit kannst Du Personen, Blumen, etc. sehr gut vom Hintergrund lösen und freistellen. Versuche dies aus der Grafik herauszulesen. Je offener die Blende (kleiner Wert), umso geringer der Schärfebereich.

Belichtungsgrafik

Je weiter Du die Blende schließt (z.B. f/11), umso größer ist der Bereich Deines Bildes, der scharf abgebildet wird. In Deinem Worksheet – siehe Grafik – kannst Du erkennen, wie die Berge im Hintergrund bei offener Blende immer mehr “verschwimmen”. Dieser Effekt ist in einigen Themengebieten der Fotografie sehr beliebt.

Übrigens: Alle Objekte, die gleich weit von Deiner Kamera entfernt sind, werden im Bild gleich scharf bzw. unscharf dargestellt.

Die Beispielbilder zeigen den Unterschied der Schärfentiefe nur aufgrund der verschiedenen Blendeneinstellungen.

offene Blende
offene Blende f2
geschlossene Blende
geschlossene Blende f22

 

Schau Dir einmal das erste Bild mit einer offenen Blende f/2,0 an. Siehst Du, wie der Hintergrund verschwimmt und nur ein sehr kleiner Bereich des Bildes nämlich die Kokosnuss scharf ist? Im Unterschied dazu wurde das zweite Bild mit einer geschlossenen Blende von f/22 aufgenommen. Dadurch erkennt man im Hintergrund noch das Meer, den Strand, die Klippen und noch einige Sträucher und Bäume. Der Schärfebereich hat sich nach vorne und hinten ausgedehnt.

Die bewusste Wahl der Blende im manuellen Aufnahme- Modus wirkt sich auch auf die Gesamtbelichtung des Bildes aus. Wählst Du die Blende bewusst offen, musst Du mit zumindest einem der beiden anderen “Reglern” (Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit) Richtung links (nach “dunkel”) entgegenwirken, damit die Gesamthelligkeit des Bildes wieder in Ordnung ist.

Entscheide Dich in jeder Situation bewusst, ob eine offene oder geschlossene Blende mehr Sinn macht. Möchtest Du beispielsweise zeigen, wie eine Person vor dem Grand Canyon steht, wäre es schade, wenn man aufgrund der offenen Blende die tolle Umgebung nicht mehr erkennen kann.

Wie wirkt die Einstellung der Belichtungszeit auf die Bildgestaltung

Auch mit der Einstellung der Belichtungszeit, kannst Du Dich beim Fotografieren kreativ und gestalterisch austoben. Du kannst Dir mit Sicherheit vorstellen, je länger Du ein Motiv belichtest, umso mehr Bewegung kann man am Foto darstellen. In der Zeit der Belichtung passiert einfach “mehr” an Bewegung.

Mit der Belichtungszeit steuerst Du also die Bewegungsunschärfe. Wählst Du die Belichtungszeit bewusst etwas länger (z.B. 1 sec.) werden sich bewegende Objekte „verwischt“ – also in Bewegung dargestellt (Autos, Wasserfälle, laufende Tiere, Menschen etc.). Wählt man die Belichtungszeit sehr kurz (z.B. 1/500 sec.) werden die Bewegungen der Objekte hingegen “eingefroren” und statisch am Foto gezeigt.

Die Grafik zeigt die steigende Bewegungsunschärfe für längere Belichtungszeiten anhand des Läufers.

Grafik Belichtungszeit

Schau Dir zuerst das erste der folgenden Bilder an, das mit einer kurzen Belichtungszeit aufgenommen wurde. Durch die relativ kurze Belichtungszeit von 1/13 sec. wird die Bewegung des Wassers “eingefroren”.

Im Unterschied dazu wurde das zweite Bild 30 sec. lang belichtet. In dieser Zeit passiert in der Realität auch Bewegung, die die Kamera einfängt und durch das “Verwischen” gezeigt werden kann. Gerade Wasser, Wasserfälle, fahrende Autos etc. lassen sich so kreativ abbilden.

kurze Belichtungseit
kürzere Belichtungszeit 1/13
längere Belichtungszeit
lange Belichtungszeit 30 sec

 

Bei längeren Belichtungszeiten verwackeln wir das Bild meist beim Fotografieren und das gesamte Bild wird unscharf. Du kannst nicht mehr frei aus der Hand fotografieren. Dann kann Dir u.a. ein Stativ helfen.

Wie wirkt der ISO-Wert auf das Bild?

Was hat eigentlich die Einstellung der ISO-Empfindlichkeit mit der kreativen Bildgestaltung zu tun? Der ISO-Wert regelt die Lichtempfindlichkeit des Sensors und ist damit auch mitverantwortlich für die Gesamthelligkeit des Bildes. Er wirkt wie ein elektronischer Verstärker.

Höhere ISO-Werte führen daher auch zu mehr “Rauschen” in den Bildern. Du kennst das vielleicht aus der analogen Film-Zeit in der die Bilder “körniger” wirken, je höher der Wert gewählt wurde. Dafür musste man damals einen anderen Film einlegen.

Das Rauschen, das bei der Bildaufnahme entsteht, ist für gewöhnlich unerwünscht. Möchtest Du dem Bild eine schöne Körnung hinzufügen, kannst Du das ggf. in der digitalen Nachbereitung z.B. in Adobe Lightroom tun. Eigentlich rauscht jedes Bild rauscht – auch bei niedrigen ISO-Werten. Wenn Du den ISO-Wert erhöhst, wird zwar die Helligkeit, aber leider auch das Rauschen verstärkt und störend im Bild sichtbar.

Zusammenfassend können wir Dir empfehlen, den ISO- Wert generell so niedrig wie möglich einzustellen. Erhöhe ihn nur dann, wenn Du aus gestalterischen oder Objektiv- Gründen die Blende nicht mehr weiter öffnen kannst und Du die Belichtungszeit auch nicht mehr länger wählen möchtest oder kannst.

Grafik ISO Wert

Nun weißt Du über die 3 Parameter Bescheid, die für die richtige Belichtung des Bildes verantwortlich sind. Und Du hast auch erfahren, wie Du Dich mit den verschiedenen Einstellungen der Blende und der Belichtungszeit kreativ ausleben kannst. Jetzt musst Du nur noch üben. 🙂

 

Worauf wartest Du noch? Nimm Deine Kamera und probiere es aus. Du wirst sehen, fotografieren macht jede Menge Spaß.

Falls Dir das manuelle Fotografieren am Anfang noch zu schwierig erscheint, lass Dir doch von den Halbautomatik-Modi helfen. Hier erfährst Du mehr.

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